Startseite E Tageskongress 2022 – Hochsensitivität

Rückblick Tageskongress 2022

Hochsensitivität — Zart beseitet, stark im Leben stehen

Anfangs Jahr sind wir mit dem gesamten Team an einen Tisch gesessen und haben uns die Frage gestellt: «Können wir unseren Tageskongress wirklich online durchführen?». Gemeinsam wollten wir dieses Experiment wagen und haben die Frage mit einem grossen JA beantwortet. Doch kaum hätten wir gedacht, auf welch positive Rückmeldung wir stossen würden.

Am Sonntag, 06.Februar 2022 haben wir unseren ersten Online-Tageskongress durchgeführt. Anstatt wie üblich im Volkshaus Zürich haben wir uns virtuell zusammengefunden und konnten – mit Hilfe von Zoom, Kamera und Mikrofon – wieder einmal einen Tag voller Austausch und Begegnung erleben.

Dieses Mal drehte sich an unserem Tageskongress alles rund ums Thema: Hochsensitivität – zart besaitet stark im Leben stehen. Ein Thema, das relevanter wird denn je. Wir haben uns auf die Suche nach Personen gemacht, die uns unterschiedliche Perspektiven dazu aufzeigen konnten – und ja, wir sind fündig geworden. So hat uns Brigitte Küster aufgezeigt, wie es als hochsensitiver Mensch möglich ist, sich voller Kraft & Freude den Herausforderungen des Lebens zu stellen und welche Bedingungen dies unterstützen. Zita Sieber hat uns einen Einblick in die Wichtigkeit der Körpertherapie gegeben und veranschaulicht, wie man diese Gabe auch bei Behandlungen nutzen kann. Sybille Binder zeigte uns eine neue Perspektive zur Ernährung auf und worauf Hochsensible bei den Mahlzeiten achten sollen. Der Abschluss bildete eine spannende Podiumsdiskussion mit Betroffenen und unserem Kó Team, wo Fragen diskutiert und diverse Themen persönlich beleuchtet wurden. Moderiert wurde der Kongress von Pascale Jacot-Descombes.

Für einen optimalen Rückblick haben wir hier unten die wichtigsten Eckpunkte von jedem Referat herausgesucht und zusammengefasst.

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Über diesen Link kannst du die Aufnahmen aller Referate erwerben.

Impressionen

Referate

Von der Veranlagung zum Potential mit Brigitte Küster

«Nichts ist zu klein, ein Reiz zu sein»

Laut Brigitte Küster gibt es 15-20% Hochsensible auf der Welt (Prozentzahl steigend). Doch erst in den vergangenen Jahren hat man diesem Phänomen die Aufmerksamkeit geschenkt, die es verdient und vor allem notwendig ist. Hochsensitivität – oder auch Hochsensibilität genannt – ist angeboren und kann somit nicht mit der Zeit entstehen. Brigitte zeigte uns Kriterien auf, wie Hochsensibilität zu erkennen ist. So zeichnen sich Hochsensible durch eine gründliche Informationsverarbeitung aus. Sie denken stark nach, Dinge beschäftigen sie und hallen noch lange nach. Auch kommt häufig eine Übererregbarkeit vor, die sich entweder in Rückzug oder Ausbruch zeigt. Dies ist auch mit ihrer emotionalen Intensität und sensorischen Empfindlichkeit verknüpft, wodurch Hochsensible stark auf äussere Empfindungen und Reize reagieren. Dies sind jedoch nicht abschliessende Kriterien, weshalb empfehlenswert ist, sich mit Hilfe eines spezifischen Fragebogens damit auseinander zu setzen. Ebenfalls wies uns Brigitte darauf hin, dass es wichtig sei, auch zwischen ADHS und vergangenen Traumata zu unterscheiden, da sich diese teilweise ähnlich wie eine Hochsensitivität im Alltag äussern, der Ursprung dabei aber woanders liege.

So stellt sich nun die Frage, was es also braucht, um trotz dieser Ausprägung, stark im Leben stehen zu können? Brigitte nannte uns drei Schlüsselwörter:

  • Salutogene Ausrichtung (Ich bin stark – nicht krank)
  • Ressourcenstärkung (Körper und Geist z.B. durch Shiatsu)
  • Minipausen im Alltag (optimaler Rhythmus zwischen An- und Entspannung)

Brigitte ist überzeugt, dass, wenn man sich einmal mit dem Thema auseinandersetzt, hinschaut und seine Sensibilität erkennt, das Leben erst richtig spannend wird – denn Sensibilität ist nicht Verletzlichkeit, sondern eine innere Stärke.

 

Hochsensitivität in der Praxis mit Zita Sieber

«Im Wort Wahrnehmung steckt das Wort ‘wahr’ drin.  Somit sollten wir darauf vertrauen»

Die Wahrnehmung spielt für Hochsensible eine grosse und auch wichtige Rolle – denn, sie nehmen mehr wahr als andere. Diese Eigenschaft ist auch in der Körpertherapie zu berücksichtigen. Ein essenzieller Aspekt den Zita in ihrem Vortrag nannte ist Vertrauen. Es ist wichtig, dass sich hochsensible Klientinnen und Klienten wohl & sicher fühlen und der Therapeutin oder dem Therapeuten vertrauen können. Sie sollten das Gefühl erhalten, ernst genommen und vor allem wahrgenommen zu werden. Daran angeknüpft machte Zita mit allen Teilnehmenden eine Übung, bei der jeweils zwei Teilnehmende – natürlich online – sich je zwei Minuten wahrnehmen mussten. Wo zuerst gewisse Skepsis vorzufinden war, ob dies online auch wirklich geht, kamen dann unglaubliche Bilder, Gefühle und Beobachtungen dabei raus.

So geht es gemäss Zita für Therapeutinnen und Therapeuten auch darum, Schutzmechanismen zu erkennen und diese zuerst anzugehen, bevor andere Themen behandelt werden. Denn nur so kann die obengenannte Vertrauensbasis entstehen.

 

Was die Ernährung mit uns macht mit Sybille Binder

«Der gesunde Mensch ist ein Symphonieorchester, das immer wieder in Harmonie gebracht werden muss.»

Die Ernährung hat einen immensen Einfluss auf unser körperliches, aber auch psychisches und soziales Wohlbefinden. Sie versorgt uns mit Energie und gibt uns Kraft. Doch bei Hochsensiblen spielt die Ernährung noch eine weitere Rolle. Dabei wies uns Sybille in ihrem Referat auf die Verdauung hin, die bei Hochsensiblen teilweise gestört sein kann. Denn wenn zu vieles im aussen passiert (Denken, Fühlen, Wollen) und etliche Sinneseindrücke das System überfordern, leidet auch die Verdauung drunter, da diese mit Verarbeiten und Ausscheiden nicht mehr nachkommt. Wenn somit Unverträglichkeiten auftauchen, geht es oftmals nicht per se um gewisse Lebensmittel an sich, sondern darum, was der Körper damit macht – oder eben nicht machen kann.

Doch wie ist damit am besten umzugehen? Sybille führte aus, dass besonders Wurzelgemüse und natürliche Fette sehr empfehlenswert seien, um Hochsensible zu erden und eine nährende und gut verträgliche Basis zu bieten. Ebenfalls sollte eher warm als kalt und mehr gekocht als roh gegessen werden. Dabei wies sie uns ebenfalls darauf hin, dass Pflanzen, wenn möglich, als Ganzes verwendet werden sollten – mit Stiel, Blätter und Schale. Denn Pflanzen seien wie der menschliche Körper – jeder Teil des Lebensmittels hat eine spezifische Aufgabe. Dennoch ist aber bei reiner Pflanzennahrung Vorsicht geboten. Jedes Lebensmittel ist durch die Sonne und die Umgebung mit Energien aufgeladen. Diese Energien können einerseits positive Wirkungen haben, jedoch auch überfordernd für das zarte System von Hochsensiblen sein.

Abschliessend empfiehlt Sybille qualitativ hochwertige Grundnahrungsmittel als Mehrheit auf den Speiseplan zu setzen. Diese können in gewissen  Situationen und dort, wo es gesundheitlich Sinn macht, durch tierische Produkte ergänzt werden können. Dies hat das Ziel, den Körper auszubalancieren und im Gleichgewicht zu halten und somit die Symphonie des Systems nicht zu stören.

Podiumsdiskussion & Fragen mit Betroffenen & Team

«Sobald man die Hochsensibilität einmal anerkennt, wird das Leben um so vieles einfacher» – Ben Kron

Den Abschluss unseres Tageskongress bildete unsere Podiumsdiskussion mit Betroffenen und unserem Expertenteam. Als Betroffene mit dabei waren Ben Kron (Tier-Shiatsu-Therapeut) sowie Monika Lehmann (Shiatsu Therapeutin) und ihre Tochter Larissa. Brigitte Küster, Zita Sieber und Sybille Binder haben als Experten ebenfalls mitdiskutiert. Tamara Gigon hat die Diskussion moderiert.

Die erste Frage die Tamara, den Betroffenen stellte war, wann genau sie denn Moment des «Erwachens» hatten. Für Ben kam der Anstoss von aussen, als eine Bekannte ihn einmal darauf hingewiesen hat, dass er möglicherweise hochsensibel sein könnte. Nach intensiver Auseinandersetzung mit diesem Thema, war es für Ben klar, dass er hochsensibel ist. Für ihn war dieser Moment lebensverändernd – er nannte es «klärend» und «heilend» zu gleich. Für ihn war dann die Kommunikation mit seinem Umfeld essenziell. Sich mitzuteilen, etwas «in der Hand zu haben» und endlich die Möglichkeit zu haben, zu erklären, warum er ist, wie er ist. Es war wichtig ein Bewusstsein dafür zu schaffen – ein Bewusstsein, dass sich in seinem engeren Umfeld nun entwickelt hat.

Für Monika war die Erkenntnis, dass sie hochsensibel sei, ebenfalls eine Erleichterung. «Endlich hatte es einen Namen» meinte sie und strahlte dabei. Doch auch bei ihr brauchte es gute Aufklärungsarbeit innerhalb der Familie, da auch ihre Tochter Larissa hochsensibel ist. Diesbezüglich meinte Monika, dass es mit Kindern wichtig sei, Ruhemomente einzuplanen – sei dies mit Fussmassagen oder Meditationen, um zu erden und mit dem Inneren wieder in Kontakt zu kommen. Ebenfalls fügte sie an, dass eine grosse Mühe die Spontanität sei, da diese für Larissa sowie auch Monika überfordernd wirken kann.

Als Shiatsu Therapeutin sieht Monika viele Vorteile in ihrer «Gabe». So meint sie, dass sie ihre Klientinnen und Klienten sehr gut wahrnehmen und spüren kann. Dabei wichtig sei es jedoch, sich nach jeder Behandlung gut von dem Gegenüber wieder abzugrenzen, um dessen Themen nicht «mit nach Hause zu schleppen».

Auf Tamaras Frage, ob es denn nicht gut wäre, wenn alle Menschen hochsensibel wären, entgegnet Ben mit einem klaren Kopfschütteln. Für ihn braucht es diese Diversität. Der Schlüssel liegt jedoch einerseits darin, sich gegenseitig zu akzeptieren, wie man ist, und andererseits mehr Aufklärung zu diesem Thema zu betreiben. Sybille unterstütze diese Aussage, da auch sie glaubt, dass Hochsensitivität zunehme und diese Thematik sich in der Gesellschaft etabliert.

Eine abschliessende Frage aus dem Publikum widmete sich noch Strategien, wie man selbst als hochsensible Person mit hochsensiblen Kleinkindern umgehen kann. Brigitte hatte da einen klaren Tipp: Sich Hilfe holen und diese auch annehmen. Denn nur so entsteht überhaupt erst die Möglichkeit, sich Raum für sich selbst zu schaffen und diesen dann auch zu nutzen.

Das Schlusswort der Podiumsdiskussion hatte dann Pascale, die sich bei allen Teilnehmenden für ihre Offenheit und vielen spannenden Fragen, Inhalte und Hinweise bedankte, die an der Podiumsdiskussion ihren Platz gefunden haben.

 

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